Freitag, 15. Januar 2016

Dein Körper: beschütze, verschönere und hege!



Aktuelle Textil-Trends "Well-Being 4.0"/"Das Wohlbefinden 4.0", Heimtextil 2016, Frankfurt-am-Main



Craft. "Well-Being 4.0"/"Das Wohlbefinden 4.0", Heimtextil 2016, Frankfurt-am-Main
 
Der aktuelle Ölpreis fiel in dieser Woche unter 30 Dollar pro Barrel. Vor acht Jahren war der noch 140, kurz vor dem Absturz im Sommer 2008. Damals wurde prophezeit, dass der Ölpreis in zwei Jahren die 200-Dollar-Grenze überschreiten können hätte. Heute wird gesprochen, ein Barrel Öl würde in 2040 160 Dollar kosten. Worum geht’s? Ja, um die Bodenschätze, das Erdinnere. Und um die Wahrsagerei mit dem Kaffesatz. Oder mit dem Ölfleck?
Die Krise lehrt nicht. Wahrsager oder Kartenleser machen ihre Prophezeiungen weiter. Aber die Kreative, Designer und Architekten hörten damit auf, also mit dem abzocken. Nach der Krise 2008 wurden sie nüchtern, ließen den sinnlosen Spielen mit den leeren Formen beiseite und fangen mit der vernünftigen Wohnungs- /Lebens- / Erde-Einrichtung an. Wenn möglich, dann ohne Bodenschätze, nur mit Sonne, Wasser, Wind und organische Natur. Man konnte diese Tendenz verstehen, als der Ölpreis noch 100 Dollars pro Barrel war, aber jetzt bei 30 machen die Kreative immer weiter. Sie laden Batterien mit Sonnenenergie, heizen Häuser mit Hilfe von Photosynthese (grüne Algen), machen aus Buchweizen oder Maisschrot mit Hilfe Myzelium neue organische Kunststoffe. 

Nachhaltigkeit. "Well-Being 4.0"/"Das Wohlbefinden 4.0", Heimtextil 2016, Frankfurt-am-Main

Designer machen es unbeirrt weiter: Sie bereichern, pflegen, schützen, versorgen. Die handeln. Ja, aber auch die aktuellen Tendenzen tragen solche Namen: bereichern, pflegen, schützen, versorgen. Die vier oben genannten Trends wurden visualisiert von zwei US-Designerinnen Lisa Douet und Helen Sac von WGSN in der Ausstellung Theme Park in Rahmen der Messe Heimtextil 2016 in Frankfurt-am-Main.



Keine Sensation, keine Aufrufe  „Ach!“ oder „Wow!“ Alles wie bereits schon erwartet. Noch eine Variation zum Thema „sustainability, Nachhaltigkeit, durabilité». Wenn man sich an die Ausstellung vom Vorjahr, die vom Niederländischen Institut de Stijl konzipiert wurde, erinnert, dann vermisst man sofort die „niederländische“ Sicht der Dinge: die Universalität der barocken wissenschaftlichen Kabinettes, die Metaphysik und Mystik, das Geistige. Uns wurden keine inspirierenden Zukunftsstrategien gezeigt, sondern einfache zwar schöne aber nüchtern praktische Sachen. Wir wurden vom Himmel auf die Erde zurückgesetzt, in unsere eigene Hülle, den Körper, wiedergesteckt, damit wir uns ernsthaft Gedanken machen, wie wir mit ihm weiterleben sollten. 

Nachhaltigkeit. "Well-Being 4.0"/"Das Wohlbefinden 4.0", Heimtextil 2016, Frankfurt-am-Main

Also, der globale Trend für 2016-2017 ist "Well-Being 4.0"/"Das Wohlbefinden 4.0", eine Schwärmerei der „post-digitale“ Epoche, eine neue Version der modernen Selbstverbesserung, die einigermaßen einfachen Wellness-Konzepte ersetzen sollte. Diese „Wohlbefinden“-Version wurde durch die Installationen in fünf Holz-Kokons  präsentiert. Die Themen sind auch allen längst bekannt:  „Craft“ für Handwerk, „Retail“ für Einzelhandel, „Sustainability“ für Nachhaltigkeit, „Hospitality / Gastlichkeit und „Technology“ / Technologie. Die Umsetzung beraubt keinem den Atem, alles sieht sehr praktisch, sehr nüchtern aus. Jedem wird klar, dass hier eher um Vermarktung und Kunden-Gewinnen geht, als um Inspirationen. 

Craft. "Well-Being 4.0"/"Das Wohlbefinden 4.0", Heimtextil 2016, Frankfurt-am-Main

Craft. "Well-Being 4.0"/"Das Wohlbefinden 4.0", Heimtextil 2016, Frankfurt-am-Main

Der Meinung der WGSN-Designerinnen nach sollten alle nachdem sehnen, Kunden besser zu verstehen und deren Erwartungen und Wünsche zu erfüllen. Und was genau es sein sollte? Wenn um die Heimtextil-Messe geht, dann die Heimtextilien eben. Die Stoffe, die den Körper umhüllen, erwärmen, verschönern. Auf der Ausstellung  "Well-Being 4.0"/"Das Wohlbefinden 4.0" konnte man sehen, fühlen, antasten alle möglichen Stoffe der näheren Zukunft, die nach den unbekannten für den breiten Publikum Prinzipien von dem internationalen Team „Trendtable“ noch im Sommer 2015 in vier Trends aufgeteilt wurden.

Craft. "Well-Being 4.0"/"Das Wohlbefinden 4.0", Heimtextil 2016, Frankfurt-am-Main


Technologie. "Well-Being 4.0"/"Das Wohlbefinden 4.0", Heimtextil 2016, Frankfurt-am-Main


1.      Enrich / Bereichern (veredeln, verschönern): Großzügige, satte Farben wie Pflaume und Karminrot blühen auf mit metallischen Akzenten aus Gold, Messing und Geschützmetall.
2.      Energise / Aufpeppen (mit Energie versorgen): Die Farbpalette pulsiert mit hohen und niedrigen Kontrasten. Intensive und fast fluoreszierende Umrisse vibrieren vor dunkleren elektrischen Blautönen.
3.      Protect / Schutz (umhüllen, beschützen): Farben spiegeln das Konzept der Lauterkeit, Leichtheit und Ruhe wider – bei Tag oder Nacht.
4.      Nourish / Hegen (pflegen): Der Akzent liegt auf der Begrünung mit Farben, die die Schönheit eines Grüntons und seiner Umweltelemente feiern, wie Erde, Stein, Dunkelbraun und Grau.
 
Enrich. Well-Being 4.0"/"Das Wohlbefinden 4.0", Heimtextil 2016, Frankfurt-am-Main

Protect. Well-Being 4.0"/"Das Wohlbefinden 4.0", Heimtextil 2016, Frankfurt-am-Main

Nourish. Well-Being 4.0"/"Das Wohlbefinden 4.0", Heimtextil 2016, Frankfurt-am-Main

Drinnen in den Holz-Kokons und auf den Tischen in der Halle konnte man die Stoffe ansehen, fotografieren, aber auch antasten, falten, streicheln. Manche Textilien hatten dreidimensionale Struktur, andere waren dünn und glatt. Was die Muster betrifft, da konnte man merken eine allgemeine Tendenz für alle vier Trends: die figurative Pflanzliche Motive verschwinden langsam, die geometrische Muster alle Art (das Raster, die Pixelbilder aus digitaler Welt) ersetzen die ehemalige organische Opulenz.  

Nachhaltigkeit. "Well-Being 4.0"/"Das Wohlbefinden 4.0", Heimtextil 2016, Frankfurt-am-Main
  
In der vernünftigen und nüchternen Welt der "Well-Being 4.0"/"Das Wohlbefinden 4.0"-Ausstellung gab es ein paar kleine Inseln reines Experimentierens. In den Kokons wurden Projekte der Designer und Künstler präsentiert, die Trends auf spektakuläre Weise illustrierten: Chemische Reaktionen mit Kupfer, Farben aus Birke, Brennnesselgarn. 


Die Ergebnisse der Experimente gaben eine Vorahnung, zeigten eine Richtung, wohin es weiter gehen würde, die waren wie ein Zugang zur anderen Welt, wo Designer die Bakterien die Stoffe produzieren lehren und die Ingenieure lebende organische Häuser projektieren.
Die Design- und Kunstprojekte waren zwar nicht praktisch, und führten nicht unbedingt zum Erfolg, aber… Man erwartet von der Trendausstellung nicht nur vernünftige kurzfristige Lösungen, sondern auch etwas Zukunftsorientiertes,  Wegweisendes. 

Nourish. Well-Being 4.0"/"Das Wohlbefinden 4.0", Heimtextil 2016, Frankfurt-am-Main
Retail. "Well-Being 4.0"/"Das Wohlbefinden 4.0", Heimtextil 2016, Frankfurt-am-Main

Retail. "Well-Being 4.0"/"Das Wohlbefinden 4.0", Heimtextil 2016, Frankfurt-am-Main

Text und Fotos: Elena Newerdowski

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