Freitag, 11. Dezember 2015

Die großen Dichter und das moderne Marketing

Text und Fotos: Elena Newerdowski

Schiller-Kaufhaus, Goethe-Menü, Brüder Grimm-Portraits als Motiv für Servietten. Wären Dichter, Schriftsteller verärgert, empört, wütend, wenn sie davon erfahren hätten? Manche, bestimmt, ja. Ohne Zweifel. Und einige hätten sich vielleicht, wenn nicht gerade verehrt gefühlt, dann einfach amüsiert. Ich würde sagen, Puschkin hätte nichts dagegen, in der Bar "Blauer Puschkin" einen Punsch zu bestellen. Oder eine Bloody Mary, ich weiß nicht genau was da alles angeboten wird, ich war noch nicht in diesem Lokal in Sankt-Petersburg.  


Mich amüsiert das Namen-Marketing auch. Ich freue mich, wenn ich Serviette mit dem von Ludwig Emil Grimm geschaffenen Doppelportrait seiner berühmten Brüder in einem Café bekomme, ich wische aber damit keine Finger, ich stecke die Serviette wie ein Mitbringsel in meine Tasche, nehme sie mit nach Hause, sie liegt dann einige Tage rum, bis ich sie eines Tages verliere.  Goethe-Menü werde ich auch gerne essen... Was ich aber nicht verstehen kann, warum die Kaufhäuser die Namen von Dichter tragen dürfen. Ich empfinde das Goethe-Kaufhaus oder Schiller-Shoppingcenter als  Missbrauch, als "Gotteslästerung", schlimmer wäre vielleicht Kant- oder Hegel-Drogerie. Aber gegen Mercator-Center (gibt es in Duisburg) habe ich keine Einwände. Ich kann mir sogar vorstellen das Gebäude von dem Mercator Waren-Center als eine Art Seekarte zu akzeptieren. Als ich Kartografie studierte, wurde uns  unterrichtet, dass sogar in modernen Seekarten die mathematische Projektion vom alten Holländer benutzt wird: Mercator-Netz. Einkaufen im „Merkator“ heißt eingefangen sein in seinem Netz.
Jetzt fange ich gerade an, mit mir selbst darüber zu diskutieren.
  
 
Dornröschenschloss Sababurg

In einem neuen Roman "Die Rente" schreibt Alexander Ilianen, ein russischer Schriftsteller (Sankt-Petersburg), über die Namen von Schiffen, die er auf Newa während seiner Spaziergänge beobachtet: